Dienstag, 3. März 2009

Pago Libres FAKE FOLK: The True Story Of Original Fake Folk Music

Pago Libre (Foto: Mark Nussbaumer/www.pagolibre.com).

Pago Libre hat ein neues Programm, dessen Deutschlandpremiere zum JAZZWELTEN-Festival am 28. März 2009 in Dresden stattfindet. John Wolf Brennan macht auf dieses Programm neugierig:

Jeder der vier Musiker von Pago Libre steht in einer musikalischen Tradition; keiner von uns jedoch kann in seiner Familie einen archaisch jodelnden Bergbauern, Original Wiener Heurigensänger, chassidischen Klezmer-Geiger oder Balalaika spielenden Kosaken vorweisen. Mit einem Wort: Um unsere volkstümliche Authentizität ist es schlecht bestellt.


Wenn uns nun aber nach unseren Anfängen in der europäischen Kunst-, Kammer-, Pop- und Jazzmusik die Faszination exotischer Volksmusiken nachhaltig geprägt hatte? Wenn uns dadurch seit vielen Jahren eine volksmusikalisch inspirierte, musikantische Spielweise so ans Herz gewachsen war? Woher sollten wir unsere Authentizität nehmen?

Kann man Authentizität imitieren? Wenn ja, ist das Ergebnis jedenfalls automatisch genau das Gegenteil von authentisch. Nein, wir mussten uns unsere Authentizität schon selbst erarbeiten!
Also schritten wir zur Erschaffung unserer individuellen Volksmusik: Anstatt die Musik unserer Vorfahren zu ergründen, betrachteten wir unsere eigene musikalische Entwicklung (ja, wir sind alt genug, um gemeinsam auf fast 190 Jahre persönliche Musikgeschichte zurückblicken zu können!); anstatt die Melodien fremder Länder aufzuzeichnen, erforschten wir die Musik der weitgehend unbekannten Völker, die seit Jahrzehnten in unseren Eingeweiden, in unseren Herzkammern und unter unseren Schädeldecken hausen.

Da die so entstandenen Musikstücke in ihrem musikantischen Zugriff und ihren zwar komplexen, aber immer tänzerischen Rhythmen nicht selten an bereits existierende Folk-Stile erinnern, darf mit einigem Recht behauptet werden, Pago Libre spiele gefälschte Volksmusik, „Fake Folk“ also. Wir sagen: Es ist unsere persönliche Originalmusik, „Original Fake Folk“ gewissermaßen!
Natürlich ist „Fake Folk“ auch „Weltmusik“, global orientiert, allen Einflüssen offen – und gleichzeitig doch auch das Gegenteil davon, nämlich kompromisslose Individual-Musik.

Und schließlich ist es eine Volksmusik, deren Volk vorerst nur aus vier Personen besteht …
Original Fake, Individual Global, Volksmusik ohne Volk: paradox ist das in jedem Fall, aber soooo schön!!

John Wolf Brennan

Konzert zu den JAZZWELTEN Dresden hier.