Dienstag, 21. September 2010

Klingender Akt gegen den „musikalischen Fetischismus“, wie ihn Adorno analysierte


Der Künstlerische Leiter auch des 14. Festivals Frei Improvisierter Musik am 24. und 25. September in der Blauen Fabrik Dresden ist Günter Heinz - (Foto: H. J. Maquet)

Robert Musil stellte einmal die Frage, ob es „dumme Musik“ gäbe, und er antwortete selbst mit dem Vorschlag, dass man die Frage einmal umdrehen möge: „Ist vielleicht Dummheit musikalisch?“ Musil weiter: „Dauernde Wiederholungen, eigensinniges Beharren auf einem Motiv, Breittreten ihrer Einfälle, Bewegung im Kreis, beschränkte Abwandlung des einmal Erfassten, Pathos und Heftigkeit statt geistiger Erleuchtung“ – damit beschreibt Musil nicht nur Dummheit und Dummheit in der Musik, sondern – im ungewollten Vorgriff – die akustische Umweltverschmutzung, die sich täglich per TV, Klingeltönen, Echo-Hits, Disco und – im alpendeutschen Raum – Musikantenstadel über die „zivilisierte“ Welt ergießt.

Das Festival Frei Improvisierte Musik, das am 24. und 25. September in Dresden stattfindet, zeigt der Öffentlichkeit, dass es auch anders gehen kann. In diesem Jahr zum vierzehnten Mal bietet es dem Publikum abenteuerliche und überraschende Hör-Alternativen an. Es ist damit eine von immer weniger werdenden Konzert-Offerten, die auf die Wertschätzung von ästhetischer Offenheit, auf die Freude am Unvorhersehbaren und die „Apotheose“ des Augenblicks orientieren, ein klingender Akt gegen den „musikalischen Fetischismus“ (wie ihn Adorno analysierte), der sich in Wiedererkennbarkeit und Wiederholungen zeigt.

Das Festival ist der zeitgenössischen Improvisationsmusik verpflichtet, die sich seit den 60er Jahren in Europa als eigenständige musikalische Sprache entwickelt hat und durch ihre Spontaneität zu überzeugen weiß. Die Wurzeln dieser Musik liegen hauptsächlich in der komponierten zeitgenössischen Musik und im Free Jazz. Beeinflusst wurde sie besonders durch die in der Nachfolge der 2. Wiener Schule wirkenden Komponisten und durch das Musikdenken von John Cage.

Das Festival am kommenden Wochenende bietet an zwei Abenden anspruchsvolle Konzerte mit jeweils zwei Besetzungen. Auf dem Programm stehen sowohl Musiker aus Dresden und Sachsen als auch internationale Besetzungen.

M. B.

Detailliertes Programm hier.

Festival Frei Improvisierter Musik (FFIM 2010) in der Blauen Fabrik Dresden, Prießnitzstr. 44/48

Programm Teil 1

Freitag, 24. September 2010 (20 Uhr)

Adam and his Goats (D):
Samuel Dobernecker - sax,
Martin Schulze - tb,
Philip Scholz -dr

No Sugar (USA):
Liz Allbee – tp,electr
George Cremaschi - b,electr

Sonnabend, 25. September 2010 (20 Uhr)

Chefa Alonso (E) - sax, perc,
Albert Kaul (D) - clavicord

Hartmut Dorscher - sax,
Günter Heinz - tb,fl,
Matthias Macht - perc,
Jörg Ritter – perc

Tickets für 12 Euro (8 Euro ermäßigt) pro Abend an der Abendkasse.

Wie in den vergangenen Jahrgängen wird das Festival im November einen zweiten Teil bieten, u.a. mit der New Yorker Elektronik-Legende Eric Ross.